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Spartacus, Sonntagsbeilage der Neuen Bonner Zeitung 30. April 1849 Nr. 17 Seite 1 bis 4

Spartcus.

Wochenzeitung für sociale Fragen.
Beilage zur Neuen Bonner Zeitung
Redacteur: Gottfried Kinkel

Nr.17 Montag den 30. April 1849


„Das Geld ist nur Chimäre.“
Robert der Teufel


(Seite 1)

Der Tausch der Arbeit.
Zweiter Brief aus dem Gefängnis

Bürger Kinkel ! Die Freundlichkeit, mit der Sie den Herzensergüssen eines Gefangenen trotz der scheinbaren Meinungsverschiedenheit in politicis gastliche Aufnahme in Ihrem Blatte gewährt haben, ermuthigt mich in angedeuteter Weise fortzufahren. Jetzt, nachdem seit dem Niedersetzen meines ersten Briefes , der erst einige Monate später in Ihrem Blatte erschien, eine inhaltsschwere Zeit wiederum in’s Land gegangen ist, dürfte es sich vielleicht zeigen, daß wir uns auch in der Frage: zuerst Republik oder zuvor Socialismus, welche meinen Brief vorangestellt wurde, gar nicht so fern stehn als es scheint. Ich habe jetzt Ursache, Sie trotz des Moments , in welchem wir leben, wo das Sprechen und Schreiben ein Ende zu nehmen scheint und die That wieder in ihr urewiges göttliches Recht tritt, Sie zu bitten, diesen meinen zweiten Brief als Verständigung anzunehmen und so bald wie möglich zu veröffentlichen. Vor allem protestire ich dagegen, und seitdem die Contrerevolution so rasch fortschreitende Rückschritte macht, mehr als jemals, für einen Friedensprediger gehalten zu werden, wenn ich in meinem ersten Brief etwas zähe mich in Variationen über das Thema ergangen habe, welches Robespierre in dem Salon der Frau Roland aufs Tapet brachte, als er die eleganten und reichen Herren Girondisten von der Republik sprechen hörte, indem er sich an den Nägeln kauen fragte: „ Was ist das, eine Republik ?“ Ist vielleicht das Frankreich, welches seit dem Juni vorigen Jahres besteht und sich in den letzten Monaten in seiner Blüthe gezeigt hat , die Republik, um die der Arbeiter sich hätte schlagen sollen ? Ich predige nicht den Frieden ( es wäre auch sehr überflüssig ), nein, ich singe mit euch:
An unsre Brust, an unsre Lippen,
Der Menschheit Farbe, heiliges Roth u.s.w.

Aber ich sehe nicht ein, warum es von der Association, welche wir erstreben, noch so heißen soll, wie Sie in Nro. 11 als Motto gesagt haben:

  Vereinigung, Vereinigung,
  So dies der Geist, der schon in Babel
  Die ewigen Thürme bauen wollte;

bekanntlich soll der alte Jehova seinem auserwählten Volke damals die Sinne verwirrt haben, so daß sie nicht mehr, einer des anderen Sprache verstanden, -- und die ewigen Thürmen blieben ungebaut. Ja wohl, rothe Republik, Vereinigung, Association, oder wie der ewige Thurm sonst heißen soll, den wir bauen wollen, daß soll mir gleich sein, wenn wir uns nur nicht mit den Worte des Pilatus: Was ist Wahrheit? vornahm von den socialen Fragen fort in die Politik feststreiten, wenn wir uns nur so verständigen , daß der alte Zornesgott Jehovah vergeblich sich bemühen dürfte, unsre Sinne noch einmal zu verwirren oder unsre Zunge zu binden. Machen wir den Arbeiter zum Republikaner, aber zeigen wir ihm, daß und warum er Republikaner sein müsse, suchen wir ihm zu beweisen, daß wir nicht bloß zu zerstören wissen, zeigen wir ihm sein und unser Ziel, weil wir nur dann von ihm verlangen können, Blut und Leben zur Erreichung desselben einzusetzen, schreiben wir ihm auf die rothe Fahne, auf der bisher nur die Alternative „ Arbeitend leben oder kämpfen sterben, Brod oder Blei“ stand, und die nur den Kampf der Vernichtung bedeutet, ein Motto, daß zugleich die Lösung der Zukunft ist; geben wir ihm einen Prüfstein in die Hand, an welchem er wahrnehmen kann, ob der ihn werbende Wähler einer von ...

(Seite 2)

... den „socialistischen Wunderschäfern“ ist, der den Communismus predigt, um die Gemeinschaft im Interesse seines Bauchs für sich zu confisciren, oder ob er zu jenen Sozialrepublikanern gehört, welche die sociale Gleichheit (die Gleichheit vor dem Vermögen) nicht für eine „fixe Idee“ halten, sondern sie wirklich wollen und verwirklichen werden.

Auf meinen vorigen Brief verweisend, wo ich, wie Sie so freundlich waren zu sagen, nicht erfolglos nachzuweisen gesucht haben, daß das sociale Uebel sich auf die Organisation des Wuchers, auf den Umstand, daß das Kapital als baares Geld prodctiv ist, Interesse bringt, zurückführen läßt, wiederhole ich das dort Gesagte, daß die Association der Arbeiter oder Producenten allein, aber keine Staatsform, keie Regierung, kein Gesetz, im Stande ist dieß zu ändern, daß sogar das Geld mit Recht Interesse fordert und immer fordern wird, wenn seine Macht nicht durch die von der Association ausgehende Organisation der Arbeit gebrochen wird. Ich schicke voran, daß ich nichts Neues zu liefern vorgebe, sondern mich den Idden Proudhens und der Pariser Association anschließe.

Das Kapital als Geld ist nur deshalb produktiv, d.h. es erzeugt sich mittels des Interesses wieder und wächst in den Händen des Besitzers, ohne daß er dabei einen Finger zu rühren braucht, ins Unendliche, weil es diejenige Waare, dasjenige Produkt der Arbeit ist, dessen Werth gesellschaftlich oder social festgestellt und anerkannt ist. Ein Thaler ist der so und so vielste Theil einer Mark Silber, ein Louisd´er die so und so große Quantität Geld, und daß sie dies ist, dafür bürgt mir die Gesellschaft, der Staat, dessen Geld es ist, denn der Repräsentant dieser Gesellschaft hat zum Zeichen dieser Bürgschaft sein Bild als Siegel darauf gedrückt. Ich verschone meine Leser mit der historischen und physikalischen Entwicklung dieser Thatsache und übergehe alle die Vortheile, welche wir derselben verdanken, z.B. die Eroberung der Freiheit, die Gleichmachung der Personen und Interessen vor dem Gelde, die 1789 ihr Reich mit Redensarten beginnent 92 – 94 der Widerspenstigen köpfte und 1830 den längs besiegten Feind vollends und für immer zu Boden schlug. Genug es ist so geschehen, und es ist leicht einzusehen, daß alle Creditinstutitionen, mögen sie nun öffentliche oder private sein, zum Zwecke haben, diese Waare, gemünztes Silber und Geld, zu vermehren oder zu ersetzen. Seit der Falschmünzerei der französischen Könige, seit Law´s Erfindung des Papiergeldes ohne Hypothek außer der Staatsgarantie, Aisignaten der ersten Republik, deren eigentliche Hypothek, angeblich die Nationalgüter, vielmehr die Guillotine war, sagte doch Barrere selbst: Wir schlagen Geld auf dem Greveplatz, bis auf Cossuth, der doe Oesterreicher noch wirksamer in den Finanzen geschlagen hat, als die Generale auf dem Schlachtfelde, haben Regierungen und Private die Vermehrung des Reichthums, des Kapitals, in der Vermehrung des Geldes, d.h. der allein gesellschaftlich festgesetzten und anerkannten Waare gesucht und gefunden .Durch jene Eigenschaft nämlich, daß Gold und Silber gemünzt, daß ein Stück Papier von einer öffentlichen oder privaten Person, die als zahlungsfähig betrachtet wird oder Credit hat, als so und so viel Werth (Gold, Silber oder Waaren) darstellend unterschrieben worden ist, entsteht der Umstand, daß man auf dem Markt, d.h. bei jedem Tausch, für Geld jede Waaren haben kann, keineswegs aber für jede Waare Geld, oder um die Sache besser auszudrücken, weil der Werth des Geldes gesellschaftlich festgesetzt und anerkannt ist, nämlich daß ein Stück Gold oder Silber oder Papier heut hier so und so viel werth ist, deshalb hat der Inhaber des Geldes mit demselben die Gewalt in Händen, er ist der freie Käufer, von dem der Verkäufer insofern abhängig ist, daß der Werth seines Kapitals, Grundstück, Waare, Produkt seiner Arbeit, Arbeitskraft und s.f. eben nicht gesellschaftlich festgesetzt und anerkannt ist, sondern von dem Bedürfnis des Geldinhabers gemessen wird, mag er nun die Waare selbst consumiren, welcher Fall von geringerer Häufigkeit ist, oder mag er sie zur Consumtion Anderer en groß oder en detail verschließen.

Dieser Prozeß, der Verkehr, das eigentliche Leben der bürgerlichen Gesellschaft, sieht, wenn er in so äußerst gedrängten Umständen dargestellt wird, so aus, als ob er ganz willkürlich sei, als ob der Geldinhaber das Maaß des Werths der Waare, den Marktpreis ganz in der Hand habe. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil der Geldinhaber eben mehrere sind, die, wenn sie auch gegen den Waareninhaber und Producenten verbündet sind, sich doch auch unter sich Concurrenz machen, während die Waareninhaber gegen die Geldleute coalirt auch unter sich concurriren, durch welche Concurrenten bei dem Kauf die Willkür bei der Bestimmung des Waarenpreises beschränkt und in dem Verlauf der Industrie und des Handels, d.h. der Produktion und Vertheilung des Reichtums neben der beiherspielenden Willkür der Kapitalisten (Spekulanten, Aufkäufer, Fabrikanten, Confektionärs , Meister u.s.f.) eine in dieser Organisation oder vielmehr Nichtorganisation naturgemäße Nothwendigkeit ihren eisernen Gang geht. Es ist dieß die stete Vermehrung der Produkte und Waaren, die mittelst der durch das Kapital, das Geld, als den einzig gesellschaftlich anerkannten, Werth angeregten Industrie riesig fortschreitet ...

(Seite 3)

... und ein mit dieser Vermehrung stetig fortschreitendes Sinken der Preise.
Die Vermehrung der Produkte, mit der das Sinken ihres Preises so nothwendig verbunden ist, weil sie beide, die Vermehrung und das Sinken ein und dasselbe sind, ist der gerühmte von der Herrschaft der Bourgeoisie, der absoluten Monarchie des Geldes und seiner Anverwandten, den Kreditinstitutionen, seit fast einem Jahrhundert herbeigeführte Fortschritt des Reichtums. Denn was kann das Volk weiter verlangen, sagen sie, als daß die Produkte immer billiger werden, d.h. daß von ihm Dinge gekauft und genossen werden, von deren Dasein es früher gar keinen Begriff, viel weniger ein Verlangen danach oder gar ein Recht darauf hatte ? Haben wir es nicht durch unsre Industrie und unsern Handel, durch unsere Maschinen, Fabriken, Dampfschiffe und Eisenbahnen dahin gebracht, daß Leinen, Baumwolle, Seide und Sammt, daß Kaffee, Tee, Zucker u.s.f., daß alles Vorhandene in niederere Volksschichten gedrungen ist, als es je in der Welt geschehen ist oder geschehen konnte? Ohne die Lobgesänge, welche die bürgerlichen Oekonomen in tausendfältigen Modulationen dieser Tonart dem status quo geweiht haben, weiter zu verfolgen, wollen wir ohne Haß und Begeisterung gegen oder für Personen sehen, was denn die Wahrheit daran ist, und wie lange der Arbeiter bei dieser Herrlichkeit, die man ihm fort und fort bereitet, leben kann.

Wir haben eben gesehen, wie das Geld, gemünztes Gold und Silber und ihre Stellvertreter, Staats- und Handelspapiere sich dadurch von allen Waaren unterscheiden, daß ihr Werth stets gesellschaftlich festgesetzt und anerkannt ist, während die Bestimmung des Werths der Waaren dem Verkehr, der freien Concurrenz, dem Prozeß des Angebots und der Nachfrage anheimfällt. Wir haben gesehen, daß durch diesen Umstand der mit Gold auf den Markt tretende Käufer frei ist, weil der Waaren bringende Producent, wenn er consumiren oder wieder produciren will, dieselben erst in Geld umsetzen muß, für welches er seinen Bedarf zur Consumtion oder Wiederproduktion kaufen kann. Er muß Geld haben, er muß die Bedingungen des Geldinhabers eingehen, denn er weiß den Werth seines Produkts nicht, bevor er es nicht verkauft, d.h. in Geld, welches der Geldinhaber ihm giebt oder geben kann, umgesetzt hat. Er ist bei dem Kauf oder Tausch unfrei, weil er Geld haben muß, der Geldinhaber aber die Waare nicht zu nehmen braucht, weil er im Gelde alle Waaren hat. (Ich brauche kaum hinzuzusetzen, daß ich die Arbeitskräfte ganz wie es heut geschieht, unter die in Geld umzusetzenden Waaren rechne.)

Es ist klar, daß der Geldinhaber, der die Bedingungen des Kaufs stellt, sie so einrichten muß, daß er bei Kauf und Verkauf nicht nur sein Kapital wiedererzeugt, sondern auch die Interessen mehr oder weniger wucherisch, je nachdem er der Concurrenz kann, herausbekommt, weil es sonst entweder umsonst arbeitet, d.h. sein Kapital viel sicherer und mühelos in constituirten Renten anlegt, oder gar das Kapital angreift, falsch spekuliert, zu Grunde geht, -- es ist ferner klar, daß auf diese Weise der Producent oder Arbeiter verliert, indem er sein Produkt verkauft (er muß, wenn sonst nichts Andres, die Interessen des in sein Produkt gelegten Kapitals tragen), daß er dafür aber noch einmal verliert, wenn er für sein Geld andere Produkte einkauft (er muß wenn sonst nichts Anderes, die Interessen des in sein Produkt gelegten Kapitals zahlen), -- es ist ferner klar, daß je mehr er arbeitet oder producirt, er desto ärmer wird, weil er durch sein vermehrtes Produciren eben den Preis seines Produkts sinken macht, -- es ist ferner klar, daß die nothwendigsten Produkte, welche aus demselben Grunde die häufigsten sein müssen, auch aus demselben Grunde die billigsten sind, und daher auch die Arbeiter, welche die Gesellschaft mit dem nothwendigsten versehen, weil sie die schwerste Arbeit verrichten, dafür zur Belohnung am schlechtesten bezahlt werden müssen, am meisten zu Grunde gehen, -- am klarsten von Allem aber ist, daß dieser Prozeß ins unendliche fortgeht, wenigstens trotz dem, daß der Reichthum, das zinsfordernde Gold oder Kapital in eine immer kleiner werdende Anzahl von Händen kommt, währen die arbeitende, oder im Wucher der Concurrenz verarmte Menge immer mehr wächst, noch lange fortgehen könne und werde, mag nun Kaiser, König, Präsident oder sonst eine Person regieren, wenn die Arbeiter, wie es auf dem Continent im Jahre 1818 den Anschein hatte, als würde es geschehen, nicht Front machen und sagen: Bis hierher und nicht weiter.

Ich will hier nicht weiter entwickeln, in welcher Weise die Herrschaft des Geldes, jenes Dinges, das, wie ich eben gezeigt habe, im Verkehr seine Obermacht erlangt, durch die großen Creditinstutitionen, die erst seid 1794, seit dem Falle der Volkspartei in Frankreich so allmächtig wurden, wie sie es in England schon länger waren, befestigt, ja zu einer scheinbar unüberwindlichen gemacht wird; es genügt, daß ich sage, wie nach meiner Meinung diese Herrschaft, die Alleinherrschaft des Geldes der politischen Umwälzung erliegt, ja im Jahre 1848 schon zum Theil unterlegen ist, (hier ist das Feld der Politiker, der Parlamente, wie wir aber ohne Änderung des Verkehrs trotz aller politischen Umwälzungen unser Ziel, die soziale Republik nicht erreichen, mindestens das Provisorium ohne ...

(Seite 4)

... Zweck und Nutzen in die Länge zu ziehen. Hüten wie uns vor dem Verkehr des Marimums, den wir in Paris im Jahre 1793, in dem glorreichen ersten Jahre der Republik sahen; hieran viel mehr, als an der Macht und dem bösen Willen der Termidorier ist die Volkspartei gescheitert und haben Robespierre und St. Just ihre Köpfe verloren.
(Schluß folgt)


Vermischte Nachrichten
Köln im April. [Ein neues Socialblatt. Hartherzigheit der Frommen]. Unter dem bezeichnenden Titel „ Verfolger der Bosheit“ gibt der Bäckermeister Mathias Wessel in Köln ein kleines wöchentlich einmal erscheinendes Blatt heraus (Preis in der Stadt 7 ½ Sgr., auswärts 9 ½ Sgr.), welches in ganz praktischer Weise den Socialismus vertritt. Der Redacteur, welcher zugleich selbst den Verkauf seines Blattes auf den benachbarten Dörfern besorgt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle Hartherzigkeiten von Personen der priviligirten Stände, die ihm zu Ohren kommen, zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, mögen dieses nun Geistliche, Ärzte, barmherzige Schwestern oder Fabrikanten, Kaufleute und andere Bourgeois sein. Dieß Blatt schreibt einen rauhen Stil, es predigt keine Idee, es spinnt keine Theorien, es ist mit Einem Worte kein Blatt mit Glacehandschuhen – aber es haut den Nagel auf den Kopf und verwirklicht erst den socialen Kampf, indem es ihn persönlich macht. Wir wünschen dem muthigen Handwerker Glück und Kraft in seinem Kampf und einen andern Staatsprokurator in seien bevorstehenden Preßprozessen, als unseren theuern Saedt; wir stimmen vollkommen mit seinem Motto überein: „Kein halbes Leben, lieber gar keins“, und bieten ihm als unsern Mitkämpfer brüderlichen Gruß. Für heute entlehnen wir ihm sogleich ein Stückchen, welches zeigt, wie hart unsere Frommen sind, die Gottes Wort zwar verschenken, aber es dafür herstellen mit den Seufzern der Armuth. Der „Verfolger der Bosheit“ vom 14. April meldet: „Die Bibelgesellschaft hat hier (zu Köln) am Bayen eine Druckerei, wo Knaben von 16–17 Jahren arbeiten. Wenn diese Jungen zuerst hinkommen, so müssen sie 14 Tage umsonst arbeiten, gleichviel ob die Eltern für diese Knaben auch zu essen haben während diese Zeit oder nicht. Die 16-17 jährigen Jungen verdienen täglich nicht mehr, wenn sie noch so fleißig arbeiten, als höchstens 4 Sgr., was doch gewiß ein junger Mensch, der im Wachsen ist, veressen kann. Wenn nun Geldtag ist und ein Knabe hat 6 Tage fleißig gearbeitet, so daß er sich freut 24 Sgr. Seiner kranken Mutter oder seinem dürftigen Vater mit nach hause zu nehmen, -- so kommt der Meister her und handelt nach Launen, giebt ihm entweder nur 20 Sgr. oder nur 18, und noch obendrein sagt er manchmal: Du hast dich diese Woche verfehlt, hier halte ich dir 2 ½ Sgr. ein. Mit diesen Geldern handelt er nicht, wie es auf Fabriken gebräuchlich ist – nämlich daß sie in eine Sparbüchse gethan und nachher gleichmäßig verteilt werden. Nein, jenachdem der Wind kommt – und so müssen die armen Jungen, ohne ein einziges Wort zu sagen, schweigen, und bringen ihren Eltern manchmal nicht so viel nach Hause, daß sie trocken Brot essen können.

Zweite Kammer aufgelöst! Erste Kammer vertagt!
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen , verordnen auf Grund der Artikel 49 und 76 der Verfassungs-Urkunde vom 5. Dez. 1848, nach dem Antrage Unseres Staats-Ministeriums, was folgt:
§ 1.
Die zweite Kammer wird hierdurch aufgelöst.
§ 2.
Die erste Kammer ist hierdurch vertagt.
§ 3.
Unser Staats-Ministerium wird mit der Ausführung der gegenwärtigen Verordnung beauftragt.
Urkundlich unter Unserer höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Bellevue, den 27. April1849
(L.S.) Friedrich Wilhelm,
Graf v. Brandenburg, v. Ladenberg, v. Manteuffel, v. Strotha, v.d. Heydt, Graf von Arnim, v. Rabe, Simons.

Handwerker-Bildungsverein
Allgemeine bildende Versammlung
Sitzung vom 27. April

Vorsitzer Aug. Büttgen (2. Stellvertreter). Da weder Anträge noch Commissionsberichte für heute vorlagen, so hielt der Verein eine freie Besprechung über die Anleihe-Casse.
Nächste Sitzung, Donnerstag, den 3. Mai. Tagesordnung: Bericht über den Antrag des B. Pittorf (Klempner), betreffend die Urbarmachung und Überlassung von Ländereien von Seitens des Staates gegen billige Entschädigung. Wir machen die Mitglieder des Handwerkervereins auf die Wichtigkeit dieser Verhandlung besonders aufmerksam, und laden zu zahlreichem Besuche ein.